Parentifizierung oder Parentifikation (lateinisch parentes „Eltern“, facere „machen“) ist ein Begriff aus der Familientherapie, mit dem zumeist eine Umkehr der sozialen Rollen zwischen Elternteilen und ihrem Kind bezeichnet wird. Eine Parentifizierung in diesem Sinne findet statt, wenn sich das Kind aufgefordert und/oder verpflichtet fühlt, seinerseits die nicht-kindgerechte, überfordernde und seine weitere Entwicklung blockierende „Eltern-Funktion“ gegenüber einem oder beiden Elternteil(en) wahrzunehmen. Im Rahmen familientheoretischer Überlegungen bedeutet eine solche Rollenumkehr eine Störung der familiären Hierarchie und der Generationsgrenzen. Die Auswirkung einer derart verzerrten Familienstruktur auf die weitere Entwicklung des parentifizierten Kindes wird vor allem von Seiten der strukturellen Familientherapie als schädigend beurteilt. https://de.wikipedia.org/wiki/Parentifizierung
Mögliche Ursachen:
- Scheidung
- Tod eines Elternteils
- Suchterkrankung eines Elternteils
- Psychische Erkrankung eines Elternteils
- Chronische Erkrankung eines Elternteils
- Finanzielle Not
Teufelskreis: Aus Hilfe wird Überforderung
Der Teufelskreis beginnt damit, dass Kinder etwa den Haushalt, die Pflege anderer Familienmitglieder oder sogar die Rolle des Therapeuten für die Eltern übernehmen müssen. Andere sehen ihre Aufgabe in der Funktion des Streitschlichters und/oder Vermittlers im Konflikt zwischen den Eltern bei Trennungen oder werden zur unverzichtbaren Stütze im Haushalt einschließlich täglicher Erledigung der Einkäufe und anderer Besorgungen, mit psychisch krankem Elternteil. Betroffene Kinder fühlen sich sozusagen verpflichtet, diese nicht kindgerechten Aufgaben zu übernehmen, obwohl sie mit diesen Aufgaben chronisch überfordert sind. Sie über-erfüllen die ihnen meist sehr subtil übertragenen Aufgaben, um ihre Eltern nicht zu enttäuschen und vor allem aus Angst, diese zu verlieren. Langfristig sind Betroffene nicht gut in der Lage, für sich selbst zu sorgen, sondern stellen ihre Bedürfnisse und Wünsche hinten an.
Folgen und Auswirkungen der Parentifizierung
Die Prognosen für parentifizierte Kinder sind in der Regel ungünstig. Das Muster aus der Kindheit kann sich darauf auswirken, wie das erwachsengewordene Kind eigene Beziehungen aufbaut. Destruktive Muster können als Vorlage für eigene Lebensmodelle übernommen werden, falls nicht in einem günstigen Zeitpunkt eine systemische Konfliktklärung und Therapie das Muster der Parentifizierung aufdeckt und veränderbar macht.
Aus diesen Gründen bewertet die Familienrechtsprechung die Parentifizierung als eine Unterform emotionalen Missbrauchs und somit eine Kindeswohlgefährdung. Die Autoren von „Mechanismen der transgenerationalen Weitergabe elterlicher Traumatisierungen. Vererbte Wunden. Transgenerationale Weitergabe traumatischer Erfahrungen“ (Beltz, 2013) gehen sogar so weit, Parentifizierung als „eigene Form kindlicher Traumatisierung“ zu werten.
Man muss differenzieren. Es ist in Ordnung, wenn eine Mutter ihrem 8jährigen Sohn den Auftrag gibt, für einige Minuten im Kinderzimmer mit der kleinen Schwester zu spielen, während die Mutter nebenan die Wäsche aufhängt.
Anders sieht es aus, wenn ein achtjähriges Kind für das Geschwister einkaufen oder kochen soll, weil die Mutter z. B. im Home Office arbeiten muss, da der getrennt lebende Vater den Unterhalt nicht zahlt. Sobald einem Kind eine Erwachsenen-Verantwortung aufgebürdet wird, die es noch nicht tragen kann, ist Parentifizierung der passende Begriff.

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