Folgende Situation: Ich bin an einem x-beliebigen Ort, treffe auf eine x-beliebige Person, ein Betreuungskind im Schlepptau. Wir kommen in einen belanglosen Smalltalk. Irgendetwas wirkt auf mich positiv. Auf die einfache Frage der Person, ob ich die Oma des Kindes sei, anworte ich sachgerecht „nein“. Damit müsste es eigentlich gut sein und jeder seiner Wege gehen.
Nicht mit mir, es spricht förmlich aus mir und ich lege jetzt erst richtig los. Ich erzähle, was ich für wen und warum in der Betreuung mache und was für ein toller Arbeitgeber mir welchen Stundenlohn dafür gibt, blablabla. Hallo, gehts noch? Ich merke, dass ich mein Gegenüber etwas überfordere und versuche noch schnell die Kurve zu kriegen, indem ich meinen Redeschwall als Werbung für die Arbeit mit beeinträchtigten Kindern ummünze. Zu spät. Garantiert habe ich mich jetzt wieder einmal blamiert, weil ich irgendwelche geheimen Grenzen überschritten habe und dies zu spät gemerkt habe. Es ist auch eine Art der Hyperaktivität und der Impulsivität. Es sprudelt raus im Überschwang, denken kann man ja später noch.
Ganz dolle wird es ja, wenn man anfängt zu schwafeln und Geschichten zu erfinden. Als Kind und Jugendliche habe ich des Öfteren meine Umwelt mit gefühlt stundenlangen Vorträgen gelangweilt oder auch beeindruckt. Heute weiß ich, was sich gehört und erfinde wenigstens keine Märchen mehr.
Was treibt mich immer wieder dazu, meinen Mitmenschen ein Ohr aubzukauen und diese dann überrumpelt zurück zu lassen? Kluge Fachleute haben darauf eine kluge Antwort. Und da kommt der Begriff „Fabulieren“ ins Spiel.
Fabulieren im Zusammenhang mit ADHS bezieht sich auf das Phänomen, dass Menschen mit ADHS manchmal Geschichten erzählen, die nicht der Wahrheit entsprechen, entweder spontan oder um Lücken in ihren Erinnerungen zu füllen. Dies ist nicht unbedingt mit bewusstem Lügen gleichzusetzen, sondern kann auch auf eine verstärkte Fantasie, Schwierigkeiten, sich an Details zu erinnern oder den Wunsch, Gesprächspausen zu vermeiden, zurückzuführen sein.
Genau, lieber einfach drauflos reden als den Endruck erwecken man habe nicht alle Latten am Zaun, sprich Blackout, Ladehemmung. Zum besseren Verständnis: Ich rede, um fehlende Erinnerungen oder weil mir gerade nichts Intelligentes einfällt, zu kaschieren. Sozusagen Angriff ist besser als dumm dazustehen. Alles Maske, sagt jetzt der neurodivergente Insider. Stimmt.


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